· 

Was kann Empowerment für Frauen leisten?

von Iris Maaß

Verhandeln wie ein Mann bringt noch lange nicht den gewünschten Erfolg
Große Anstregungen zeitigen oft bei Frauen nicht denselben Erfolg wie für ihre männlichen Kollegen

Zu verhandeln wie ein Mann sichert Frauen nicht die gleichen Vorteile

Über die Grenzen persönlichen Empowerments

Eine der großartigen Frauen, die ich kenne, wuppt eine Führungsposition in Teilzeit mit Bravour und vielen Überstunden. Sie ist eine gestandene Frau mit jahrelanger Erfahrung in Ihrem Job und hat ein riesiges Netzwerk. Allerdings ist die Stelle ein Fulltimejob und trotzdem sie sich schon oft dafür eingesetzt hat, will der Arbeitgeber die Arbeitszeit einfach nicht aufstocken. Das ist zum Verzweifeln.

 

Oft hören Frauen, dass sie eben nicht ausreichend gefordert hätten, wenn die Karriere und das Gehalt sich nicht wie gewünscht entwickeln. Aber die Realität zeigt mir oft, dass auch der starke Einsatz von Frauen für mehr Geld oder die Beförderung nicht von Erfolg gekrönt sind.

 

 

Will man Frauen ermächtigen oder „empowern“, dann müsste man eigentlich das System grundlegend ändern anstatt nur an den Frauen selbst herumzuverbessern. Leider reicht unsere Power dazu noch nicht überall aus.

Frauen wird die Schuld an fehlenden Aufstiegsmöglichkeiten oft selbst zugeschrieben

Frauen haben oft in mehrfacher Hinsicht den schwarzen Peter: Sie bekommen weniger Geld, weniger Aufstiegschancen, passen oft weniger gut in die männlich dominierte Organisationskultur und müssen sich entsprechend verbiegen. Wenn der Erfolg sich nicht einstellt, ist die gängige Meinung, dass die Frauen das dann auch noch selbst schuld sind.

 

 

Am häufigsten höre ich den Vorwurf, Frauen fragten eben nicht ausreichend nach besserer Entlohnung. Die Wissenschaftlerin Amanda Goodall fand jedoch bereits 2016 heraus, dass diese Story so nicht stimmt: Frauen fragen sehr wohl nach mehr Geld. Der Punkt ist, dass sie es einfach nicht bekommen. 4600 britische Angestellte aus 840 Unternehmen wurden von Goodall befragt. Heraus kam, dass Frauen genauso oft verhandelten wie Männer, aber dass sie schlicht öfter mit Ihren Forderungen abblitzen. (Quellen finden sich am Ende des Artikels)

Männern werden vom Arbeitgeber Karrierechancen und Gehaltssteigerungen oft ungefragt angeboten

Damit noch nicht genug. Männer werden von Arbeitgebern und Chefs viel öfter proaktiv nach Aufstieg und mehr Geld gefragt. Ihr habt richtig gelesen: die Aufstiegschancen werden an Männer ganz ohne deren Nachfragen herangetragen. Das fällt dann gar nicht unter erfolgreich verhandelt, weil der bessere Job und das bessere Gehalt auch ohne Nachfrage des Mannes an ihn herangetragen werden.

 

Häufig findet der erste Karriere- und Gehaltssprung für Männer dann statt, wenn sie eine Familie gründen. „Jetzt kommt ja ein Baby und da braucht er auch mehr Geld, um sich die Familie zu leisten,“ denkt so mancher Chef. Auch Chefinnen verfallen wohl oft in diese Gedankenstereotypen. Ich war sehr überrascht, als eine weibliche Abteilungsleitung mir sagte: „Dem Herrn X müssen wir etwas bieten. Er ist jung und gründet eine Familie.“   

Kindersegen bringt Geldsegen für Väter und Karriereknick für Mütter

Gegenüber einer Frau verfällt niemand auf den Gedanken, dass anstehender Kindersegen jetzt aber mal eine Beförderung fällig macht. Oft ist genau das Gegenteil der Fall. Bei Frauen wird ein niedrigeres Gehalt eingepreist, denn wenn Kinder kommen, fallen die Frauen aus.

 

Es ist schon empörend genug, aber es wird noch krasser: Während Frauen vom Arbeitgeber nach bereits erbrachten Leistungen bewertet werden, stuft man Männer im Hinblick auf ihr zukünftiges Potenzial ein. Das hat nicht zu unterschätzende Auswirkungen auf Frauen, denen so unterschwellig vermittelt wird, dass sie kein besonderes Potenzial besitzen.

Frauen wird häufiger signalisiert, dass sie kein Potenzial besitzen

Es ist schon empörend genug, aber es wird noch schlimmer: Während Frauen vom Arbeitgeber nach bereits erbrachten Leistungen bewertet werden, stuft man Männer im Hinblick auf ihr zukünftiges Potenzial ein. Das hat nicht zu unterschätzende Auswirkungen auf Frauen, denen so unterschwellig vermittelt wird, dass sie kein besonderes Potenzial besitzen.

 

In meiner ersten Stelle bekam mein neuer Kollege bei Dienstantritt vom Management zu hören „Sie sind doch ein schlauer Typ. Sicher wollen sie hoch hinaus, da werden sie ja kaum bei unserer Firma bleiben.“ Ich war damals total überrascht. Nicht nur kam es mir kontraproduktiv im Hinblick auf die Mitarbeiterbindung vor, vielmehr hatte ich selbst als Neuanfängerin ein Jahr zuvor überhaupt nichts in dieser Art gehört. Wirkte ich nicht auf Zack? Sah ich weniger schneidig aus? Es wurde nie offen thematisiert. Auch von mir nicht. Ich war über die Aussagen überrascht, und es hat mich als Berufsanfängerin verunsichert. Ich habe daraus den Schluss gezogen, dass ich schon gleich nicht so karrierewürdig wirkte, wie ich gerne gewirkt hätte, und dass mir daher eine Karriere auch nicht gleichermaßen offenstand. So war es dann auch. Trotz all meiner Vertriebserfolge.

Durchsetzungsparolen alleine helfen Frauen nicht

Zu sagen: „Mach doch und setz Dich durch!“ reicht nicht, um tatsächlichen Erfolg zu produzieren. Und darin liegt ein Dilemma. Bei Machen und Wachsen setze ich mich für Frauen-Empowerment ein. Wir haben dementsprechend einen großen Lernblock zum Thema Verhandeln im Programm. Und dieses Rüstzeug wird auch gebraucht. Trotzdem gibt es auch die andere Seite der Medaille, die eingefahrenen kulturellen Werte, Normen und Stereotype, die es uns an vielen Stellen so schwer machen, unsere Wünsche umzusetzen.

 

Was kann uns da helfen? Wie können wir trotzdem vorankommen, wenn wir uns dem System ausgeliefert fühlen? Ist Empowerment dann überhaupt möglich?

Was hilft Frauen im bestehenden System voranzukommen?

Es beschäftigt mich sehr, wie wir in diesem bestehenden System trotzdem besser vorankommen können. Ich weiß, die Welt hat sich schon geändert seit ich meine ersten beruflichen Schritte machte und doch liegt noch so viel im Argen. Man könnte die Hoffnung sinken lassen, aber Aufgeben ist keine Option. Daher hier mein drei wichtigsten Punkte auch im Hinblick auf unser Machen und Wachsen-Programm:

  1. Hintergrundwissen über Zusammenhänge und Forschung
  2. Gemeinschaft mit anderen Frauen zur gegenseitigen Unterstützung
  3. konkretes Handlungswissen für Verhandlungen, Marketing in eigener Sache, Konfliktbewältigung, Selbstmotivation u.a.

Hintergrundwissen aus der Forschung

Hintergrundwissen aus Studien rund um Frauen und Beruf hilft uns zu verstehen, dass es nicht um ein persönliches Versagen geht, sondern dass hier systemische Kräfte am Werk sind. Vielleicht macht uns das Wissen auch wütend. Durch Wut kann Energie entstehen, die uns ins Handeln bringt und die uns wachsamer werden lässt für das, was wirklich um uns herum passiert. 

Gemeinschaft mit anderen Frauen

Die Gemeinschaft mit anderen einzigartigen Frauen zeigt uns, dass wir nicht alleine sind. Wir können uns gegenseitig ermutigen und immer weiter voran wagen.  Narin und ich staunen immer wieder, wie schon kleine, geteilte Stories aus unserem eigenen Leben oder aus dem Leben der tollen Frauen in unserem Podcast andere Frauen inspirieren und ermutigen auch einen Schritt im Hinblick auf Ihre Selbstverwirklichung zu wagen. Der wertschätzende Austausch untereinander ist so wichtig um zu erkennen, Du bist nicht alleine mit Deinen Zweifeln und Ängsten und jede von uns kann es schaffen.

Konkretes Handlungswissen im Dienste unserer Interessen

Konkretes Handlungswissen ist unerlässlich, wenn wir uns wirkungsvoll für unsere Interessen einsetzen wollen. Wir müssen wissen, wann wie und wo wir am besten für welche Ziele verhandeln. Dabei besteht Handlungswissen sowohl aus einer inneren Komponente als auch aus einer äußeren Kompetente, die nur zusammen den gewünschten Erfolg bringen.

 

Die innere Komponente wird bestimmt durch Fragen wie

  • Welche Haltung habe ich zu dem Thema?
  • In Falle von Verhandeln, was prägt meine Sicht auf Verhandeln und warum ist das so?
  • Welche für mich nützliche Haltung kann ich zum Verhandeln einnehmen?
  • Wie muss ich meinen Verhandlungszweck gestalten, damit es mir leicht fällt, mich für mein Verhandlungsziel einzusetzen?

Die innere Komponente wird oft im Rahmen von Schulungen für Frauen übersehen, was die Durchschlagskraft mindert, die konkretes Handlungswissen entfalten kann. (Hier findest Du einen weitergehenden Artikel zur Bedeutung der Bewusstseinsarbeit auf Deinen Umsetzungserfolg.)

 

Die externe Komponente ist Rüstzeug für die konkreten Umsetzungsschritte. Also zum Beispiel:

  • Welche Ziele setze ich?
  • Wie bereite ich mich auf die Verhandlung vor?
  • Wie führe ich das Gespräch?
  • Wie erzähle ich meine Geschichte so, dass andere sich überzeugen lassen?

 

Dieser Teil des Empowerments ist oft der bekannteste und findet seinen Niederschlag in zahlreichen Ratgebern oder Schulungen.

 

Reines Ratgeben im Sinne von „Dann musst Du halt besser verhandeln“ greift aber zu kurz und ist nicht wirksam. Es kann sogar schaden, da beispielsweise das Hintergrundwissen über die großen Fallstricke im System nicht beachtet werden. Dann kehrt Frust ein und eine gescheiterte Verhandlung lässt mich an mir selbst zweifeln und verhindert vielleicht, dass ich es unter anderen Vorzeichen wieder versuche.

Frauen Empowerment umfangreicher denken

Empowerment muss umfangreicher gedacht werden, um Wirkung zu entfalten. Aktuelles Hintergrundwissen aus der Genderforschung und den Sozialwissenschaften müssen wir genauso einbeziehen, wie innere Einstellungsarbeit und taktisches Handlungswissen. Die Verankerung in einer Gemeinschaft mit gegenseitiger Ermutigung ist schließlich das Tüpfelchen auf dem i.